Osterholz: Über Repression und Möglichkeiten der Solidarität

Gefunden auf Barrikade Info.

Till Hermann Iseke, einer der Geschäftsführer des Familienbetriebes „Kalkwerke Oetelshofen“, hat am 31. Januar in der WDR Lokalzeit verlauten lassen, dass er gegen Waldbesetzer*innen „Kante zeigen möchte“. Er bezieht sich, auf die von ihm gestellten Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruches. Am Räumungstag, dem Tag X., konnte er sich auf seine extrem hochgerüstete Exekutive verlassen. Auch der Staat zeigt „Kante“. Jetzt wird halt die richterliche Gewalt, Urteile über Gefährt*innen fällen, die sich für den Erhalt eines Waldgebietes eingesetzt haben.

Generös kündigte Iseke in der Sendung an, „wahrscheinlich auf Zivilklagen“ verzichten zu wollen. Sicher können wir uns darüber demnach nicht sein. Zudem stellt er die Bedingung, dass Voraussetzung wäre, dass weiterhin alles ruhig bleibe. Eine perfide Form der Erpressung, die von Repression Betroffenen in Haftung zu nehmen für das, was vielleicht noch passieren könnte.

Es ist nie davon auszugehen gewesen, dass auf eine Strafanzeige auf Hausfriedensbruch verzichtet wird. Kurz vor der Räumung wurde sich abgesichert, dass Anzeigen, Aussicht auf Erfolg haben. Am Tag X wurde das zu räumende Gebiet erst einmal „befriedet“, indem unter starkem Polizeischutz, Zäune aufgestellt wurden. Danach wurden die Besetzer*innen durch Iseke selbst, zur freiwilligen Aufgabe aufgefordert und verkündet, dass im Falle einer Weigerung, Anzeige erstattet wird.

Die Polizei spricht selbst davon, dass die Räumung im Wesentlichen friedlich verlaufen wäre. Dennoch erstattete sie laut WDR mehrere Anzeigen wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Dieser, vor einigen Jahren verschärfte Tatbestand, wurde in letzter Zeit zudem strenger ausgelegt. Darunter fallen inzwischen auch Handlungen und Androhungen, die in der Vergangenheit kaum zu einer Verurteilung geführt haben dürften.

Zudem wurde, Ende 2019 das Polizeigesetz in NRW geändert. Anstatt spätestens 48 Stunden aus der Arrestzelle entlassen zu werden, dürfen Ingewahrsamgenommene jetzt bis zu einer Woche lang festgehalten werden, um damit ihre Identität zu erpressen. Das Vorgehen ist, dass die Polizei das verlängerte Gewahrsam beantragt und zuständige Richter*innen entscheiden, ob zugestimmt wird. Die Regierungsparteien CDU und FDP planen für NRW sogar die Ausweitung auf 28 Tage. Inoffiziell ist das neue Gesetz als „Lex Hambi“ bekannt, weil es staatliche Reaktion auf Anti-Braunkohleproteste gewesen ist, als Aktivist*innen vor der Polizei ihre Identitäten verschleierten.

Im Zusammenhang mit dem Tag X wurden 32 Personen Ingewahrsam genommen. Trotz des Risikos, einer einwöchigen Einsperrung, haben sich einige dazu entschieden, die erkennungsdienstliche Behandlung, wie z.B. die Abnahme von Fingerabdrücken, durch kreative Maßnahmen zu erschweren. Der für das Osterholz zuständige Ermittlungsausschuss führt fünfzehn Personen als UP (Unbekannte Personen). Sieben von ihnen mussten einige Zeit im Langzeitgewahrsam verbringen. Sie wurden auf Polizeidienstellen in Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Köln verteilt. Seit dem 28. Januar 2022 sind alle frei.

Neben der konsequenten Haltung der Besetzer*innen verdient auch ihre gewählte Aktionsform Respekt und Solidarität. Sie sind es, die mit der Schaffung eines Freiraums, die Rodung im Osterholz um zweieinhalb Jahren verzögert haben und deshalb besonders ins Visier staatlicher Repression geraten sind. Schon am 12. Juni 2021 wurden Teilnehmer*innen der Demonstration „Osterholz bleibt“ in Gewahrsam genommen, die die Polizei augenscheinlich der Waldbesetzung zuordnete. Ihnen wird vorgeworfen, gegen Corona-Auflagen und gegen das Vermummungsverbot verstoßen zu haben.

Jetzt liegt es an uns, die von Repression Betroffenen nicht mit dem hohen Preis für ihren Einsatz, alleine zu lassen. Für ihre Verteidigung werden erhebliche finanzielle Mittel für Gerichts- und Anwaltskosten benötigt. Auch mehrere Unterstützer*innnen, die sich dem Gesetz nach, unrechtmäßig im Wald aufgehalten sollen, werden strafrechtich verfolgt.

Der Aufruf zu einer Kundgebung in Berlin am 2.Februar ist ein gutes Beispiel für praktische, nachahmenswerte Solidarität. Es wurde über die Repressionsfälle informiert, Gelder gesammelt und es gab ein Siebdruckangebot.

Zeigen wir gemeinsam, was wir von Kriminalisierung von Menschen halten, die sich für den Erhalt eines Waldes eingesetzt haben. Wer möchte, kann Geld auf das Spendenkonto einzahlen. Es ist zu befürchten, dass auch in Zukunft Geld für die Antirepressions-Arbeit erforderlich ist. Weitere Teile des Osterholzes ist von Rodung bedroht. Die Proteste werden weitergehen.

Geld, das nicht in Anspruch genommen werden muss, wird selbstverständlich für andere Solidaritätskampagnen genutzt.