Am 15. August 2019 wurde Osterholz-Wald im Wuppertaler Ortsteil Vohwinkel besetzt und wir durften in dem schönen Mischwald viele wunderbare Momente erleben. Und obwohl wir wissen, dass Menschis Ideen nicht räumen können, müssen wir leider immer wieder feststellen, dass Vertreter*innen der alten Welt dies immer wieder versuchen. Wie es z.B. letztes Jahr im Hambacher Forst geschehen ist. Das hat nichts gebracht, denn nach der Räumung haben viele Menschis den schönen Wald im Rheinland sofort wieder besetzt. Aber egal ob im Hambacher Forst, Osterholz-Wald oder dem Mattole Wald im Kalifornien, Waldbesetzer*innen sollten immer auf eine Räumung vorbereitet sein.
Das Leben im Wald lehrt uns nicht nur eine andere Beziehung zu all den Lebewesen, die sich dort befinden, es gibt uns auch die Möglichkeit, ein anderes Zusammenleben zu praktizieren. Die vielen Gespräche, die wir miteinander führen, auch mit den Menschis, die immer wieder vorbei kommen und uns unterstützen, und die gemeinsame Entscheidungsfindung, lassen uns Erfahrungen sammeln, die unsere Entschlossenheit für eine andere, eine neue Welt, zu kämpfen, enorm stärkt. In “Chalktown” brauchen wir keine Hierarchien. Wir entscheiden nicht nur gemeinsam, sondern setzen unsere Entscheidungen auch gemeinsam um.
Noch sind die Vertreter*innen der alten Welt oftmals in der Lage, ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen – mit einer klar sinkenden Tendenz. Noch wird oft mit den für sie anscheinend notwendigen fossilen Brennstoffen und Ressourcen argumentiert und auch danach gehandelt. Aber auch hier beobachten wir eine klar sinkende Tendenz, denn es ist dieses Denken und Handeln, was von immer mehr Menschis in Frage gestellt wird. Deshalb wird der Kampf um den Erhalt des Osterholz-Waldes von so vielen Menschis unterstützt. „Waldstücke im Osterholz-Wald roden, um dort Abfall zu lagern.“ Diese Art von umweltzerstörender Profitlogik sollte schnellstmöglich der Vergangenheit angehören. Es ist der Hauptgrund, weshalb der Klimawandel wie ein D-Zug auf uns zurast.
Ein „weiter so“ ist für uns keine Option. Unserer Meinung nach brauchen wir einen Systemwandel. Eine andere Welt, eine neue Welt. Eine Welt, in der das Leben an vorderste Stelle steht, wo ausschließlich nach den Bedarf und mit Rücksicht auf alle Lebewesen produziert wird. Eine Welt, in der wir Entscheidungen gemeinsam treffen und Entscheidungen mit Rücksicht auf alle anderen Lebewesen getroffen werden. Was wir nicht brauchen, sind Menschis in Positionen wie z. B. Herbert Reul, der Räumungen im Hambacher Forst im Auftrag des RWE-Konzerns angeordnet und dabei die Öffentlichkeit mehrmals belogen hat. Die alte Welt appelliert oft an die „Effektivität“ und die „Vernunft“, wenn es um das System, was Herbert Reul fortgebracht hat, geht. Wir brauchen diese Hierarchien aber nicht. Sie sind Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Was wir brauchen, ist eine Welt, in der wir uns alle frei bewegen können, wo Grenzen Menschis nicht aufteilen in ein künstliches „wir“ und „die anderen“, die von der andere Seite der Grenze kommen. Auch Grenzen ermöglichen das „Teile-und-herrsche-Spiel“ in hierarchisch aufgebauten Gesellschaften. Es sind diese Grenzen, die eine Standortkonkurrenz auf Kosten vieler Menschis und anderer Lebewesen schaffen. Sie ermöglichen koloniale Handels- und Denkweisen, die bis heute andauern. Die Art, womit Menschis gegeneinander ausgespielt werden durch eine Wirtschaftsordnung, die alle gegen alle in einen Konkurrenzkampf schickt. Ein Konkurrenzkampf, der letztendlich auch durch patriarchale Strukturen aufrechterhalten wird, hat es möglich gemacht, die Erde für eine angeblich „vernünftige Wirtschaftspolitik“ zu plündern. Eine „gemäßigte“ und „vernünftige“ Wirtschaftspolitik, die ohne Rücksicht auf Menschis und andere Lebewesen alles platt macht, was im Weg steht.
Weitere Teile des Osterholz-Waldes sollen nach dieser Logik platt gemacht werden. So, wie viele andere Wälder und Bäume aus “Vernunft” platt gemacht werden sollen. Ob Hambacher Forst, Osterholz-Wald oder die Platanen in Wuppertal-Elberfeld, immer wieder wird mit Kostengründen oder Argumenten der Profitlogik argumentiert. Es ist die „Vernunft“ der Gedanken von gestern. Von einer anderen Zeit, die uns zeigt, dass viele Menschis die Notwendigkeiten für eine neue Art der Vernunft, für neue Argumente, ja für das Leben, noch nicht begriffen haben oder nicht begreifen wollen. Wir sprechen bewusst über Notwendigkeiten, denn weder die Erde noch das Klima lassen mit sich verhandeln. Auch deswegen ist für uns Waldbesetzer*innen, der Kampf gegen die Rodungen im Osterholz-Wald auch ein Kampf für eine andere Welt.
Für uns wäre eine eventuelle Räumung nur eine neue Phase im Kampf für den Erhalt des Osterholz-Waldes. Die Idee für eine neue Welt steht und fällt weder bei einer Räumung noch bei einer Rodung. Unsere Entschlossenheit, uns auch nach einer Räumung weiterhin für den Erhalt des Osterholz-Waldes einzusetzen, wird nur wachsen.
- Wir rufen auf, bei einer Räumung an Tag X zum Wald zu kommen. An Tag X+1 wird es zusätzlich eine Demonstration geben. Wenn ihr bei einer Räumung benachrichtigt werden wollt, schickt eure Handynummer an jederbaumzaehlt(@)riseup.net. Über unseren Twitter-Kanal https://twitter.com/jederbaumzaehlt (@)jederbaumzaehlt) werden wir am Tag X und Tag X+1 bei einer Räumung ebenso kommunizieren.
Jeder Baum Zaehlt, 9. September 2019
Solidarische Grüße an #KeinHaMehr,#WildeGasse und #HambiBleibt!
Mobi-Video der Bürgerinitiative Osterholz Bleibt für die Demonstration am 28. September 2019 (13:00 Uhr, Bahnhofsvorplatz, Wuppertal Hauptbahnhof)